Süffig ist
anders. Wenn man eines über Barley Wine mit Sicherheit behaupten kann, dann
dieses. Aber gerade das komplexe Wesen des Wintertrunks übt bis heute eine
Faszination aus, der sich Bierfreunde in aller Welt nicht entziehen können.
Doch Barley
Wine eignet sich nicht nur für gemütliche oder schwermütige Bierfreunde,
sondern auch für Aromen-Entdecker. Wir möchten Euch berichten, wie dieser
Bierstil enstanden ist und was ihn charakterisiert.
Was ist ein Barley Wine?
Barley Wine
bedeutet übersetzt Gerstenwein. Es handelt sich um ein extrem vielschichtiges
Bier mit einem hohen Alkoholgehalt zwischen 7 Vol.-%
und 13 Vol.-%. Dieser Wert sorgte für das „Wine“ im Namen der Biersorte. Auch der Stammwürzegehalt
liegt mit über 20% deutlich über dem anderer Biere.
Barley Wine
stammt ursprünglich aus England, wird aber durch die Craftbeer-Bewegung heute auch
in anderen Ländern produziert und getrunken. Vor allem in USA werden zahlreiche
Interpretationen gebraut.
Die Geschichte des Barley Wines
Der Bierstil Barley Wine entstand in
England. Dennoch handelt es sich bei ihm nicht um den ersten Gerstenwein in der
Geschichte. Bereits in der griechischen Antike erwähnten die Historiker
Polybius in seinen „Historíai“ und Xenophon in „Anabasis“ ein solches Getränk.
Da diese Belege allerdings aus einer Epoche deutlich vor der Nutzung des
Hopfens durch den Menschen datieren, hatte er geschmacklich mit dem heutigen
Barley Wine wohl eher weniger zu tun.
Kehren wir ins England des 19.
Jahrhunderts zurück: Aufgrund der napoleonischen Kriege blieben die
Weinlieferungen aus Bordeaux und Burgund aus. Kein englischer Aristokrat und
Patriot hätte es zu dieser Zeit gewagt, auf eigene Faust Wein aus Frankreich zu
bestellen. Dennoch wollte und konnte man nicht auf ein Getränk mit einem
Alkoholgehalt zwischen 10 Vol.-% und 12 Vol.-% nicht
verzichten. Denn dieses versprach nicht nur Heiterkeit, sondern auch Gesundheit
– das Wasser zu dieser Zeit war meist ungenießbar.
Der erste Barley Wine und der Weg des Bierstils nach Amerika
Das erste Bier, das unter der
Bezeichnung Barley Wine vermarktet wurde, war das No.1 Ale aus der Brauerei
Bass in Burton-upon-Trent. Der Wintertbier erblickte im Jahre 1870 das Licht
der Bierwelt. In Landhäusern, die über eine eigene kleine Brauerei verfügten,
gehörte es zu den Aufgaben des Butlers, einen Ersatz für Wein herzustellen. Die
Hausherren tranken den Barley Wine an der Tafel, meist aus geschliffenen
Glasbechern.
Das
Unternehmen Anchor Brewing brachte den Barley Wine über den Atlantik. Die
Benennung des Produktes erfolgte damals jedoch aus reiner Zweckmäßigkeit. Hätte
das „Barley Wine Style Ale“ auf das Barley im Namen verzichtet, wäre der
Hersteller in Schwierigkeiten mit den Regulierungsbehörden geraten. Die
Bezeichnung „Barley Wine Style Ale“ statt „Barley Wine“ ist in den Vereinigten
Staaten bis heute üblich.
Der Barley Wine im Profil
Das
Farbspektrum beim Barley Wine reicht von dunkelbraun bis Bernstein, auch wenn
viele sich rubinrot im Glas präsentieren. Die Schaumkrone zeichnet sich nicht
durch Festigkeit aus.
Das
komplexe Winterbier stellt nicht nur den Braumeister vor eine große
Herausforderung. Auch der Genießer begegnet mit dem Antrunk seiner besonderen
„Schwerkraft“. Entweder man liebt ihn oder man verschmäht ihn. Den Barley Wine
auf seinen hohen Alkoholgehalt und die vorherrschende Bitterkeit (oft über 90
IBU) zu reduzieren, wird dem Bierstil nicht gerecht.
Das
Trinkerlebnis beginnt meist mit viel Malzsüße. Dazu gesellen sich Noten von
getrockneten Früchten und reichlich Alkohol. Werden zum Brauen auch dunklere
Malzsorten eingesetzt, bemerkt man schon mal Nuancen wie Kaffee oder
Schokolade. Viele Barley Wines besitzen zudem eine leicht erdige Note.
Erst im
Abgang nimmt dann die Bittere die gesamte Bühne ein und führt einen vollmundig-intensiven
Monolog auf. Mag das für manch einen den Barley Wine untrinkbar werden lassen,
sie ist im wahrsten Sinne des Wortes „bitter notwendig“. Ihre Aufgabe ist es,
der Verzuckerung des Bieres durch die
obergärigen Hefen entgegen zu wirken. Kurz gesagt: Der Barley Wine wäre ohne
die Bittere viel zu süß.
Besonderheiten in Herstellung und Lagerung
Im
Vergleich zu anderen Bierstilen enthält er deutlich mehr Malzzucker. Deshalb
wird, wie weiter oben im Geschmacksprofil erwähnt, der Versüßung mit
Hopfenbittere entgegengewirkt.
Bei
modernen Barley Wines geht man nicht gerade zurückhaltend vor, was die Menge an
hochwertigem Aromahopfen angeht. Chinook oder Cascade verleihen ihm beim Aroma
und Trinken auch Fruchtigkeit. So entsteht der typische Eindruck von Bittere
und Grapfruit.
Barley Wine
lagert zwischen 18 und 24 Monaten. Manchmal handelt es sich bei den Fässern um ehemalige
Weinfässer, was dem Aromenspiel nochmal zusätzlich einen weinähnlichen Anstrich
verleiht.
Der Barley Wine heute
In Amerika
brauen viele Gasthausbrauereien ihren eigenen Barley Wine. Die Verwendung von
amerikanischem Bitterhopfen sorgt durch den höheren Gehalt an Öl und
Alpha-Säuren für ein leicht verändertes Geschmackserlebnis verglichen mit dem
englischen Original. Während sich letzteres durch die Ausgewogenheit zwischen
Hopfen und Malz auszeichnet, erfährt man in der US-Variante mehr herbe Noten.
Solch ein
edles, tiefgründiges Getränk trinkt man am besten aus einem Kelchglas. Dazu
empfiehlt sich der Genuss eines süßen Desserts und einer guten Zigarre. Zudem
verträgt sich der Barley Wine auch hervorragend mit Käsesorten wie Bergkäse,
Gorgonzola oder Roquefort.
Barley Wine ist das perfekte Bier für den Winter! Kaum ein Getränk erwärmt den Bierliebhaber in der kalten Jahreszeit mehr als er. Wenn auch Ihr auf den Geschmack kommen wollt, empfehlen wir Euch das Dies Iræ aus der Brauerei Gusswerk in Salzburg.