Was ist Craftbeer?

Handwerkliches Bier – ein Definitionsversuch Aktuell wird der Begriff Craftbeer oder die eingedeutschte Version Craftbier viel diskutiert. Genau genommen darüber, was Craftbeer eigentlich…

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Handwerkliches Bier – ein Definitionsversuch


Aktuell wird der Begriff Craftbeer oder die eingedeutschte Version Craftbier viel diskutiert. Genau genommen darüber, was Craftbeer eigentlich ist bzw. was es nicht ist. Vorab aber erst einmal zu den Hintergründen von Craftbeer:


Es war einmal in Amerika

Craftbeer hat seinen Ursprung in den USA, wo Menschen in den 70er Jahren die Monotonie von Bud, Coors und Miller leid waren und begonnen haben ihr eigenes Bier zu brauen. Hobbybrauer und Bierenthusiasten, die gegen die geschmackliche Monotonie der Großkonzerne aufbegehrt und den Braukessel für sich entdeckt haben. Aus einigen Hobbybrauereien oder besser Microbreweries wurden dann kommerzielle Unternehmen von zum Teil erheblicher Größe (Samuel Adams, FW und New Belgium). Ein Indiz dafür, dass die Zeit reif war für etwas Neues. Es hat über 30 Jahre gebraucht und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Natürlich haben sich die großen Brauer inzwischen eingekauft – aber im Resultat gibt es in den USA heute mehr Braustätten als in Deutschland und eine beachtenswerte Vielfalt von Bieren.


In Europa, speziell in Deutschland gab und gibt es immer noch einen Trend zur Monotonie. Immer ähnlicher werdende TV-Biere und Wachstum auf der Basis von Übernahme von Mitbewerbern. Aber anders als in den USA gibt es in Deutschland eine Vielzahl von kleinen Brauereien, die nur auf eine Chance warteten, um gegen die Großen antreten zu können. Marktanteile werden sich nicht erdbebenartig verschieben. Kreativ- und Charakterbiere sind Nischenprodukte. Aber es gibt sie. Und ein fester Teil dieser Craftbeer-Idee ist es, ein Bewusstsein für Qualität und Vielfalt zu schaffen. Es geht darum zu zeigen, was Bier alles kann!


Bewegung statt Produkt?

Nach meiner Ansicht ist Craftbeer eigentlich mehr als ein Produkt oder eine Produktgattung, es ist vielmehr auch eine Idee beziehungsweise eine Art Bewegung. Am Anfang einer Bewegung steht eine Idee. Die Idee entsteht vielleicht nicht nur in einem Kopf, sondern in verschiedenen Köpfen parallel. Diese Idee fasziniert einige jedoch so, dass sie beginnen zu handeln. Das Resultat transportiert die Idee zu anderen, die den Gedanken unterstützen. Ab einer kritischen Masse spricht man von einer Bewegung.


Eine Gruppe von Menschen, teils mit unterschiedlichen Motivationen wie Profilierungswunsch, Profitstreben oder aus purem Idealismus heraus, die auf verschiedene Weise daran arbeiten diese Idee umzusetzen, entwickelt ein gemeinsames Ziel.


Die Idee hinter Craftbeer ist einfach:

Bier-Vielfalt statt Monotonie. Geschmacksvielfalt, Sortenvielfalt, Herstellervielfalt.


Marke Craftbeer

Ein namhaftes Unternehmen aus Norddeutschland hat unlängst erfolglos versucht den Begriff Craftbeer als Wortmarke schützen zu lassen. Ein Lob an die Beamten des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) , die dieses Anliegen abschlägig beschieden haben. Craftbeer ist als Marke in Deutschland nicht schützbar. Und das ist richtig so.


Was soll man nun von diesem Unternehmen halten?

Zum ersten sei einmal positiv vermerkt: Das Unternehmen investiert in den Bereich und ist sehr aktiv in Sachen Craftbeer. Aber da hört das Lob dann bereits auf. Ob die Verantwortlichen für die gescheiterte Markenanmeldung im Marketing, in der Rechtsabteilung oder in der Geschäftsführung sitzen, ist unklar. Der Versuch transportiert klar die Einstellung dieses Unternehmens „Wir wollen Craftbeer für uns schützen und alleine nutzen.“ Dieses Vorteilsdenken schafft Misstrauen und schadet damit der Zusammenarbeit – und es schadet damit der Idee vom Craftbeer und einem gemeinsamen Ziel.


Was also ist Craftbeer und wer darf es brauen?

Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen sagen Craftbeer könne nur in einem nicht-industriellen also „handwerklichen“ Umfeld gebraut werden, schließlich bedeutet Craft ja „handwerklich“. Es gibt sogar einige, die sagen es komme darauf an, wer das Bier braue und wo das Bier gebraut werde. Aber Betriebsgröße oder die Schuhgröße der Großmutter des Brauers sind keine geeigneten Kriterien für eine Definition für Craftbeer oder Craftbrewer. Ob das Bier in einem 20 Liter oder 2.000 Liter Behälter angerührt wird, macht es weder besser noch schlechter.


Auch der Ansatz die Eigentumsverhältnisse des Braubetriebes als Kriterium zugrunde zu legen, wie es Brewdog vorgeschlagen hat, ist in meinen Augen völliger Unsinn. Ob der Kessel nun einem Haufen Aktionäre gehört oder einem einzelnen Mann ist doch dem Bier und dem Konsumenten mit dem gewissen Qualitätsanspruch und Probierlaune völlig schnuppe!


Neuerlich las ich auf einer Flasche aus Holland „hand crafted beer“. Das erinnerte mich daran, dass es beim Craftbeer um das WIE und nicht das WO oder WER geht. Und das WIE macht den Unterschied. Im Gegensatz zum industriellen Prozess bei dem der Einzelne nur noch Fragmente des Brauprozesses ausführt, ist bei Craftbeer gemeint, dass DER BRAUER den Brauprozess von der Auswahl des Rezeptes, der Auswahl der Rohstoffe bis zur Abfüllung des Bieres komplett begleitet. Keine Aufteilung des Brauprozesses, keine Produktionsleiter oder Schichtführer. Ein Mann (oder Frau) braut „mit eigener Hand“. Manufakturbier wäre eigentlich ein geeigneter deutscher Begriff.


Nach dieser Defintion ist es egal, ob der Braukessel dem Brauer gehört. Und nach ihr kann auch ein Konzern ein Craftbeer herstellen. Ebenso wie ein Konzern ein komplett handgefertigtes Fahrzeug (z.B. Maybach) entstehen lassen kann, selbst wenn es sich dabei nur um ein Imageprojekt handeln mag. Entscheidend ist die Art, wie es getan wird. Es geht um die Kunstfertigkeit des Brauers, die besondere Auswahl der Zutaten und die Liebe zum Bier. Das sind nach meiner Ansicht die Zutaten für ein Craftbeer.

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