Kräftig,
malzig, vollmundig – das Märzen gehörte früher zu den edelsten Gebräuen. Doch wenn
auf dem Etikett im Supermarkt heute Märzen steht, ist das nicht unbedingt ein
Indiz dafür, dass der Inhalt der Flasche diesem Anspruch auch entspricht.
In diesem
Beitrag werdet Ihr erfahren, warum Märzen nicht gleich Märzen ist und dass
dennoch Hoffnung besteht, dass dieser Bierstil in seiner historischen Form
nicht ausstirbt.
Was genau ist ein Märzen?
Ursprünglich
handelte es sich beim Märzen um ein im März gebrautes, untergäriges Vollbier
mit einer Stammwürze zwischen 13 bis 15 Plato und einem Alkoholgehalt zwischen
5 und 6 Vol.-%.
Warum
ursprünglich? Weil es sich hierbei um die deutsche Variante dieses Bierstils
handelt. Märzen ist allerdings auch bei unseren Nachbarn in Österreich sehr
beliebt. Wie ihr jedoch im Abschnitt zu
seiner Geschichte erfahren werdet, haben sich über die Jahrhunderte
deutliche Unterschiede zwischen den beiden Interpretationen dieses Bierstils
herauskristallisiert.
Die
Österreicher nämlich verwenden den Begriff Märzen als Synonym für ein etwas
stärkeres, helles Lagerbier. Es ist leichter und wird mit weniger Stammwürze
eingebraut. Wie ist es zu den Unterschieden gekommen?
Die Geschichte des historischen Märzens
Bevor Carl
Linde im Jahr 1876 seine Kältemaschine erfand, war es im Sommer nicht möglich,
die Bierwürze zu kühlen. Vor allem in Bayern erfreuten sich jedoch Mitte des
16. Jahrhunderts gerade die untergärigen Biere großer Beliebtheit.
Deren
Herstellung erfordert jedoch Temperaturen von unter zehn Grad. Zudem bestand während
der Sommermonate eine weitere nicht zu unterschätzende Gefahr. Schnell kam es
beim Biersieden zu verheerenden Bränden, die ganze Städte zu Asche verwandelten.
Daher
verbot die bayerische Brauordnung von 1593 per Dekret das Bierbrauen zwischen dem
Tag des heiligen Michaels (29.09.) und dem Tag des heiligen Georgs (23.04.).
Damit man bis zum Start der neuen Brausaison nicht auf dem Trockenen saß,
braute man im März ein Bier mit erhöhten Stammwürze- und Alkoholgehalt. Dadurch
wurde es länger haltbar.
Lagerung und Ausschank
Die
Lagerung fand in Felsenkellern statt. Bestand die Möglichkeit, stattete man
diese mit Eisblöcken aus dem brauereieigenen Teich oder nahe gelegenen
Gewässern aus. Oftmals pflanzte man über den Kellern Rosskastanien, die mit
ihren großen Blättern für ausreichend Schatten sorgten. Durch die flachen
Wurzeln dieser Baumart bestand keine Gefahr für die Kellerdecke.
Zu den
festlichen Anlässen im Sommer und Herbst erreichte das für drei bis sechs
Monate gelagerte Bier seine Trinkreife. Getrunken wurde es beispielsweise zu
Hochzeiten, zur Kirchweih oder auch beim Oktoberfest. Daher ist es nicht
verwunderlich, dass man es manchmal auch noch als Oktoberfestbier bezeichnet.
Jedoch fällt das heutige Bier auf den Wiesn eher in die Kategorie Münchner
Export.
Interessanterweise
leitet sich die Bezeichnung Lagerbier von der Lagerung des Märzens ab. Doch
nicht nur das: Nebenbei trug die Aufbewahrungsform auch zur Entstehung der
bayerischen bzw. fränkischen Biergartenkultur bei. Noch heute gehören
Kastanienbäume an solchen Orten zum Bild dazu. Diese Optik geht zurück auf den
Brauereiausschank, der oft unter den Blätterdächern über den Kellerräumen
stattfand.
Die Entwicklung des
Märzens in Österreich
In
Österreich heißen die Hälfte aller Biere Märzen. Bis zum zweiten Weltkrieg
versprach der Name auch hier ein sehr edles Bier mit hohem Stammwürzegehalt,
der nur knapp unter dem des Bockbieres lag (15%).
Nach dem
Krieg beabsichtige die Regierung mit einer preissenkenden Verordnung, Märzen
auch für Arbeiter erschwinglich zu machen. Die Brauereien akzeptierten dies,
allerdings unter der Bedingung, das Bier zukünftig mit nur 12% Stammwürze
einbrauen zu dürfen.
Infolgedessen
wandelte sich das Märzen zu dem, was in Deutschland als Festbier bekannt ist.
Durch die internationale Brille gesehen handelt es sich bei der
österreichischen Form des Märzens um nicht mehr als ein etwas stärkeres
Lagerbier.
Wie schmeckt der Klassiker? Märzen im historischen Stil probiert
Ein Märzen
der alten Schule ist bernsteinfarben und betört die Nase mit Aromen von Keksen
und Brot. Der Körper ist vollmundig und malzbetont. Hopfengeschmack ist
erkennbar, aber dezent in die Gesamtkomposition integriert. Leichte Röstnoten
wie Karamell sind ebenfalls vorhanden, spielen jedoch auch nur eine
untergeordnete Rolle. Die optimale Trinktemperatur liegt zwischen 8 und 9 Grad
Celsius.
Einige
Brauer aus Bayern und den Vereinigten Staaten brauen Märzen im ursprünglichen
Stil. Die Craftbeer Szene sorgt aber auch beim Märzen für neue Interpretationen
des geschichtlichen Vorbilds.
In vielen
Fällen werden Aromahopfen, insbesondere zum Hopfenstopfen, genutzt, um dem
Geschmack einen blumig-fruchtigen Anstrich zu verleihen. Hier und dort wird das
Märzen auch unfiltriert belassen. Das geht auf Kosten der Haltbarkeit, die
Trübstoffe fördern allerdings die Süffigkeit und den vollmundigen Charakter.
Ludwig Gailer
6. Juli 2023 um 11:28In dem Abschnitt:
Die Geschichte des historischen Märzens
solltet ihr im dritten Absatz eine Berichtigung vornehmen:
Die bayerische Brauordnung von 1593 verbot nicht das Brauen zwischen Michaeli und dem Georgstag.
Es erlaubte das Brauen nur zwischen Michaeli und dem Georgstag.
Viele Grüße
Ludwig