Wer nach Leipzig reist, bekommt die Gelegenheit, eine der ältesten Bierspezialitäten Deutschlands zu probieren. Seit etwa 400 Jahren ist die Gose, die ursprünglich aus dem Harz stammt, mit der Stadt in Sachsen verbunden.
Ihre Bewohner lieben ihr Sauerbier. Nicht umsonst heißt es in einem alten Spruch: „Die Studiosen tranken so 2-20 Gosen!“. In früheren Zeiten wurde ihr potenzfördernde Wirkung zugeschrieben. Auch Goethe soll dem spritzig-säuerlichen Trunk gegenüber nicht abgeneigt gewesen sein.
Doch was macht eine Gose eigentlich aus? Wir werfen einen Blick auf die Geschichte dieses einzigartigen Bierstils, der beinahe in Vergessenheit geraten wäre.
Was genau ist eine Gose?
Die Gose ist eine obergärige Biersorte, die ursprünglich aus der Stadt Goslar stammt. Sie ist auch bekannt als Gose Bier oder Goslar Bier. Es handelt sich um ein spritziges Weizenbier, dessen Geschmack durch saure und salzige Noten geprägt ist.
Früher wurde die Gose oft spontan vergoren. Heute entsteht der saure Charakter durch eine zusätzliche Milchsäuregärung. Zudem ist die Zugabe von Koriander und Kochsalz üblich.
Der Name Gose leitet sich wahrscheinlich von dem im Harz gelegenen Fluß Gose ab. Aus ihm entnahmen im Mittelalter die Brauer das Wasser zur Bierherstellung. Die Gose etablierte sich in den Gegenden um die Städte Dessau, Halle und selbstverständlich Leipzig.
Die Geschichte der Gose
Zwar ist es nicht nachgewiesen, aber bereits Kaiser Otto III. soll um das Jahr 1000 herum das Sauerbier aus dem Harz in sein Herz geschlossen haben. Immer wenn er bei seiner Schwester Adelheid im Stift Quedlinburg zu Besuch war, trank er gerne eine Gose. Das goslarische Bier verbreitete sich schnell. Bald gibt es Aschersleber-, Blankenburger-, Halberstädter- und Wernigeroder Gose.
Der älteste urkundliche Beleg für das Brauen von Gose datiert vom 27. März 1332. Des Weiteren findet sie ebenfalls in einer Urkunde Erwähnung im Jahr 1397. Im Text ist festgehalten, dass die Stadt Goslar dem Bischof von Hildesheim ein Fass Gosebier übersandte.
Die Gose kommt nach Leipzig
Einer Legende nach machte Fürst Leopold von Anhalt-Dessau, genannt der „Alte Dessauer“, die Leipziger im Jahre 1738 bekannt mit dem goslarer Getränk. Nachgewiesen ist die Beliebtheit der Gose für die Region Leipzig ab 1824.
Besonders die Ritterguts-Brauerei mit dem im selben Jahr angestellten Brautechniker Philipp Ledermann sorgte dafür, dass Leipzig nicht nur Messestadt, sondern auch Gosestadt wurde. Bis zum Jahrhundertwechsel blieb der Betrieb aus Döllnitz bei Halle wichtigster Lieferant.
Das vorläufige Ende der Gose
Im Zuge deutscher Reparationszahlungen wurde die Brauerei im Jahre 1945 von den sowjetischen Besatzern enteignet und demontiert. Ab diesem Zeitpunkt war die Gose in Leipzig faktisch ausgestorben. In Goslar hatte man das Brauen bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eingestellt.
Im kleinen Rahmen nahm der Leipziger Braumeister Friedrich Wurzler 1949 die Gose-Produktion wieder auf. Mit seinen Erzeugnissen belieferte er einige Gose-Schenken. Diese gaben jedoch bis 1958 alle den Betrieb auf, mit Ausnahme des Hotels Fröhlich. Auch Wurzler warf 1966 die Flinte ins Korn.
Einleitung der Renaissance in Leipzig
Erst 1986 startete der Designer und Leipziger Lehrer Lothar Goldhahn einen neuen Versuch, dem Bierstil wieder Leben einzuhauchen. Seine Gose braute er nach altem Rezept in der Weißbierbrauerei des VEB Getränkekombinat Berlin.
Diese wurde in der sanierten Gosenschenke „Ohne Bedenken“ in Leipzig angeboten. Im Jahr 2000 eröffnete mit dem ebenfalls sanierten Bayerischen Bahnhof eine weitere Gosenschenke. Heute findet man die Gose in vielen Leipziger Gaststätten wieder auf der Getränkekarte.
Döllnitz und Goslar ziehen nach
In Goslar zeichnete sich der dort lebende Braumeister Andreas Wagenführer für den Neubeginn der Produktion verantwortlich. Die Gose wird seitdem in diversen Gastronomiebetrieben als lokale Spezialität wieder ausgeschenkt.
Ein Jahr zuvor hatten Adolf Goedecke und Tilo Jänichen auch in Döllnitz die Fortführung der Tradition in Angriff genommen. Die Ritterguts Gose wurde zunächst in Leipzig hergestellt, bevor man 2007 mit der Produktion nach Chemnitz wechselte.
Gose international
International findet die Gose seit den 2010er-Jahren, vor allem in Nordamerika, große Beachtung. Die Craftbrewer in Kanada und den Vereinigten Staaten entdeckten das leipziger Sauerbier für sich. Zur bierigen Völkerverständigung trug auch der Bonner Braukünstler Fritz Wülfing bei, der 2014 mit seiner „Gose aus der Dose“ am World Beer Cup in Denver, Colorado teilnahm.
Die Gose im Profil – Herstellung, Geschmack und Trinkideen
Gose wird mit Hilfe von Lactobazillen und Hefe gebraut. Während des Brauens fügen die Braumeister zusätzlichen Weizen bei. Sie ist immer ungefiltert und wird nicht pasteurisiert. Die Gärung findet in der Flasche statt. Oft erfolgt die Hauptgärung mittels Spontanvergärung.
Gose besitzt lediglich eine geringe Bitterstufe zwischen 15 und 20 IBU. Die Stammwürze liegt zwischen 10 – 12 °Plato, der Alkoholgehalt zwischen 4,5% und 5%Vol..
Wie sieht sie aus und wie schmeckt sie?
Im Glas präsentiert goldgelb und mit einer aus ihrer Frische geborenen, sanften Trübung. Wer die Gose probiert, wird zunächst von ihrer Spritzigkeit überwältigt. Der starken Rezenz im Antrunk folgen saure Noten mit salinen Untertönen. Des Weiteren typisch für die Gose sind Zitrusnoten sowie Anklänge von Koriander. Das Finish ist meist trocken.
Die Mischung macht’s!
Die Gose ist pur durchaus genießbar. Dennoch ist es sehr populär, sie zu mischen. Dafür eignet sich vor allem Sirup, z. B. in den Geschmacksrichtungen Himbeer, Kirsche oder Waldmeister. Man nehme 2 cl für 0,3 l Gose bzw. 4 cl für 0,5 l. Die Variante mit einem grünen oder roten Sirup bezeichnet man in der Leipziger Gaststubensprache als „Sonnenschirm“.
Hingegen erhält den „Regenschirm“ derjenige, der seine Gose mit einem Kümmellikör paart. Mit Curacao bekommt man einen „Blauen Engel“. Auch Varianten mit Erdbeer- oder Bananensaft sind nicht unüblich und schmackhaft.
Gose goes around the world!
Gut, dass die Gose während ihrer langen Geschichte nicht totzukriegen war! So können wir die Leipziger Spezialität, ob bei einem Besuch in der sächsischen Metropole oder in Form eines tollen Craftbeers auch noch heute genießen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Gose so gar nicht an das deutsche Reinheitsgebot hält und trotzdem als Bierspezialität verkauft wird. Grund dafür ist eine Ausnahmegenehmigung des Freistaats Sachsen.
Der Tag der Gose
Jetzt haben wir Euch genügend erzählt und Ihr seid bestens vorbereitet auf den Happy Gose Day. Dieser findet nämlich seit 2015 am 17. November eines jeden Jahres weltweit statt. Etliche Brauereien, Restaurants, Hobbybrauer und Bierfreunde zelebrieren diesen Festtag. Stoßt mit den Liebhabern rund um den Globus gemeinsam auf das Meisterwerk der Bierkultur an. Kenner tun dies im übrigen mit einem lauten „Goseanna!“